ÖSTERREICHISCHES VERFASSUNGSRECHT


Krönender Abschluss der Lehrveranstaltung


27 04 2018

Der Besuch des Jahrganges „Hauptmann Neusser" am Verfassungsgerichtshof (VfGH) bildete den krönenden Abschluss der Lehrveranstaltung „Österreichisches Verfassungsrecht" im Rahmen des Moduls „Strukturen nationaler politischer Systeme".

Wegen dienstlicher Verhinderung des Rechtskundigen Offiziers übernahm der Autor dieses Beitrages die Exkursionsleitung. Mit dem Heeresbus auf dem Heldenplatz angekommen, marschierte der frisch „getaufte" Jahrgang „Hauptmann Neusser" mit 59 Studierenden unter dem Kommando von Olt Matthias Sonnberger, BA, zum VfGH.

 

Pünktlich um 0930 Uhr erfolgte die Begrüßung durch den Vizepräsidenten des VfGH, Univ. Prof. DDr. Christoph Grabenwarter – protokollarisch einem Staatssekretär gleichgestellt – im altehrwürdigen Verhandlungssaal. Der Verfasser bedankte sich beim Gastgeber für diese unschätzbar motivierende Gelegenheit, den VfGH als Gralshüter von Demokratie, Rechtsstaat und somit von Stabilität der Gesellschaft aus erster Hand erleben zu dürfen. Dieser Besuch solle somit das hohe Vertrauen der Bevölkerung und seiner bewaffneten Macht in einen unabhängigen VfGH weiter festigen, aber auch vice versa das Vertrauen in das stets verfassungsmäßige Tun und Lassen der österreichischen Berufsoffiziere stärken!

Danach erfolgte die Vorstellung des Aufgabenbereichs des VfGH durch Univ. Ass. Dr. Markus Vašek in dieser einzigartigen Kulisse. Dabei wurde das aus den Medien bekannte Urteil zur Aufhebung der Bundespräsidenten-Stichwahl erörtert. Auch die Befassung des VfGH mit einem dritten Personenstand sorgte für spannende Diskussionen. Der Vortragende ließ jederzeit Fragen zu, wodurch die sechsstündige Lehrveranstaltung wie im Fluge verging. Auch die Frage der Einführung der Wehrpflicht für Frauen nach dem Beispiel Norwegens und der mögliche Einsatz des Bundesheeres zum Schutz der verfassungsmäßigen Einrichtungen oder zur Durchsetzung von Entscheidungen des Verfassungsgerichtshofes am Beispiel der zweisprachigen Ortstafeln in Kärnten erregte die Gemüter.
Dies war für die Berufsoffiziersanwärterinnen und Berufsoffiziersanwärter ein besonderes Erlebnis, welches man sicherlich nicht jeden Tag hat.

Einblick in das Allerheiligste
Nach der Lehrveranstaltung rundete eine Führung durch das gesamte Gebäude das Programm ab. Abschließend wurde im Beratungszimmer die Arbeitsweise des VfGH mit einem Stand von ca. 100 Personen erörtert.
Der VfGH besteht aus 14 Verfassungsrichterinnen und Verfassungsrichtern: einer Präsidentin, einem Vizepräsidenten und zwölf weiteren Mitgliedern. Weiters gibt es sechs „Ersatzmitglieder", die dann einen Fall mitentscheiden, wenn eines der Mitglieder etwa aus Befangenheits- oder Krankheitsgründen ausfällt. Mitglieder und Ersatzmitglieder werden vom Bundespräsidenten ernannt. Für die Position des Präsidenten und des Vizepräsidenten hat die Bundesregierung das Vorschlagsrecht. Sie nominiert außerdem sechs Verfassungsrichterinnen und Verfassungsrichter und drei Ersatzmitglieder. Die weiteren sechs Mitglieder und drei Ersatzmitglieder schlagen zum Teil der Nationalrat und zum Teil der Bundesrat vor. Obwohl, wie bei allen Verfassungsgerichten der Welt, ihre Bestellung auch eine politische Entscheidung ist, agieren die Verfassungsrichterinnen und Verfassungsrichter nach ihrem Amtsantritt völlig unabhängig und nicht entlang parteipolitischer Zuordnungen.

Alle Mitglieder und Ersatzmitglieder des Verfassungsgerichtshofes müssen durch das Studium der Rechtswissenschaften sowie durch eine langjährige einschlägige berufliche Praxis für das Amt qualifiziert sein. Sie kommen aus verschiedenen Berufen (Richter, Universitätsprofessoren, Beamte des Bundes und der Länder, Rechtsanwälte), aus verschiedenen Bundesländern und aus unterschiedlichen gesellschaftspolitischen Umfeldern. Richter, Anwälte und Universitätsprofessoren können ihren Beruf weiter ausüben und bringen auf diese Weise ihre besonderen Erfahrungen in die Beratungen ein. Verwaltungsbeamte müssen wegen der Unvereinbarkeit ihrer Weisungsbindung mit der Ausübung des Richteramtes jedoch außer Dienst gestellt werden.
Das Amt der Verfassungsrichterinnen und Verfassungsrichter endet mit Ablauf jenes Jahres, in dem sie das 70. Lebensjahr vollenden. Sie können zuvor nur auf Grund einer Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes selbst abgesetzt werden.

 

 Audiatur et altera pars (Man möge auch die andere Partei hören)
Beschreibung des heutigen Verfassungsgrundsatzes der Gewährung rechtlichen Gehörs

 

[Inhalt: ObstdhmfD Mag. Gernot PAUSCHENWEIN, MAS, Foto(s): siehe Mouseover]